Nagelsmann: "Vielleicht müssen wir auf weniger Qualität setzen"

Die deutsche Nationalmannschaft ist mit einer krachenden Niederlage in die WM-Qualifikation gestartet. Bundestrainer Julian Nagelsmann sprach direkt im Anschluss Klartext und hinterfragte seinen Kader.
Redete Klartext nach dem erschreckenden 0:2 in der Slowakei: Bundestrainer Julian Nagelsmann. IMAGO/Eibner
Am Ende setzte es zum Start in diese WM-Qualifikation eine 0:2-Niederlage in der Slowakei, die Fragen aufwirft. Hinten präsentierte sich das DFB-Team anfällig, vorne plan- und ideenlos. Im Vergleich mit den Slowaken waren die Deutschen in allen Belangen unterlegen, spielten mit angezogener Handbremse und bekamen die harte Realität zu spüren.
Samt historischer Pleite: Nach 52 Auswärtsspielen in der WM-Qualifikation setzte es die erste Niederlage in der Ferne in der Geschichte der deutschen Nationalmannschaft (42 Siege, zehn Remis, nun eben auch eine Niederlage).
"Ratlos bin ich nicht, ich zerlege jetzt nichts und niemanden im Fernsehen, das regeln wir intern - und da haben wir genug zu besprechen", äußerte sich Bundestrainer Julian Nagelsmann nach dem Spiel am ARD-Mikrofon zunächst, nur um im weiteren Verlauf doch auch recht deutlich zu werden. Der 38-Jährige wirkte sichtlich angefressen und redete sich seinen sichtlich vorhandenen Frust von der Seele, dabei stellte er auch Einstellung und Einsatz seiner Mannschaft mehrfach infrage.
Nagelsmann kritisiert die Einstellung seiner Mannschaft"Wenn wir bei ganz einfachen Dingen anfangen wie Emotionalität: Da war der Gegner von der ersten bis zur letzten Minute meilenweit überlegen. Der Gegner hat mit mehr Emotionalität auch fußballerisch mehr auf den Platz gebracht." Der Coach hatte recht, denn der deutschen Mannschaft fehlte es an diesem Donnerstag in Bratislava an der nötigen Emotionalität, um gegen eben emotionale Slowaken bestehen zu können.
"Wir sind nicht in der Lage, dass wir hierherkommen können und alles mit 80 Prozent wegspielen, das geht nicht. Wenn wir die Emotionalität nicht hinbringen, können wir das Buch zumachen - fußballerische Qualität spielt da keine Rolle." Deutliche Aussagen von Nagelsmann, der für die etlichen Mängel jedoch auch keine schnelle Lösung parat hatte.
"Da habe ich keine Erklärung", so der Bundestrainer weiter. "Generell sollte bei jedem angekommen sein, dass wir zur WM und da eine gute Rolle spielen wollen. Wir waren heute von allem meilenweit weg." Mit Ausnahme des Starts in den zweiten Durchgang "war der Rest sehr dunkel", lautete Nagelsmanns vielsagendes Fazit, welches die Realität passend widerspiegelte.
Und nun? Der Auftritt war erschreckend und einer deutschen Nationalmannschaft nicht würdig, sodass Nagelsmann alles hinterfragte. "Von Qualität will ich nichts mehr hören. Mir reicht es schon, wenn wir die Emotionalität haben." Seine spontane und sicherlich aus der Emotion heraus geäußerte Idee: "Vielleicht müssen wir dann auch auf weniger Qualität setzen, sondern auf Spieler, die alles reinwerfen."
Klar war für den Bundestrainer allerdings auch, dass "ich nicht 150 Deutsche zur Auswahl habe. Ich habe schon Vertrauen in die Mannschaft. Wir müssen so ein Spiel angehen wie ein Champions-League-Halbfinale. Sonst spielen wir im März Play-offs. Ich habe Vertrauen in die Mannschaft, aber es muss bei jedem ankommen, dass es mit angezogener Handbremse nicht reicht."
Am Sonntag nun muss die deutsche Mannschaft in Köln gegen Nordirland (20.45 Uhr, LIVE! bei kicker) ran und eine 180-Grad-Wende schaffen, um die Lage zu entschärfen. Durch die Niederlage ist der erste Platz in Gruppe A nämlich schon in Gefahr geraten. "Die Mannschaft hat gerade schon miteinander gesprochen. Ich glaube schon, dass sie spüren, was es jetzt bedarf. Die gesamte Gruppe muss die Energie tragen. Wenn wir energetischer auftreten als heute, wird es am Sonntag ein besseres Spiel", hatte Nagelsmann Hoffnung.
kicker